Lärmsorgen

Haustier und Hobbytier

Die bellenden, gackernden und wiehernden Nachbarn lassen gelegentlich jeglichen Respekt vermissen.

"Mein Hund macht keinen Lärm, er bellt nur." Tucholskys ironisches Zitat der Tierhaltersicht soll darauf hinweisen, dass Tierliebe taub machen kann und dass die akustischen Aktivitäten der süssen Vierbeiner nicht bei allen wohlwollendes Gehör finden.
 

Herrchens und Frauchens Lieblinge machen bisweilen tierisch Krach. Wieviel sie machen dürfen, hängt unter anderem davon ab, wo sie es machen wollen.


Situation

Ausgangslage

Die Haltung von Haustieren hat tiefgründig emotionale Aspekte. Sie kann in den wenigsten Fällen verboten werden. Lärmemissionen sind aber unter Kontrolle zu halten. Mangels Grenzwerten gilt Ohrenmass.

In der Wohnung gehaltene Haustiere werden aufgrund des Zivilgesetzbuch beurteilt und als Nachbarschaftslärm behandelt.

Gewisse Nutztierarten dürfen auch in Wohnzonen gehalten werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Tierhaltung der eigenen Freizeitbetätigung dient und keine kommerziellen Absichten bestehen. Da die Tierhaltung je nach Art zu gewissen Lärm- und Geruchsimmissionen führt, darf sie im Interesse der Nachbarschaft nicht ein beliebiges Ausmass annehmen. Wie viele Tiere effektiv erlaubt sind, ist meist nicht ganz genau geregelt. Dies hängt zum einen von der Tierart und zum anderen von der jeweiligen Lage ab.
Neben der Haltung sind grundsätzlich auch die dafür notwendigen Bauten und Anlagen zulässig und zonenkonform.

Hühner und Hähne

Das Gackern der Hühner ist weniger lärmintensiv als das Krähen eines Hahnes, weshalb das Halten von wenigen Hühnern ohne Hahn aus Sicht des Lärmschutzes in der Regel als unproblematisch erscheint.
Kräht jedoch ein Hahn in den frühen Morgenstunden, so kann dies durchaus als Störung der Nachtruhe empfunden werden. Darum ist dafür zu sorgen, dass sich der Hahn während der Ruhezeiten nicht im Freien aufhält und dass sein Hühnerhaus eine ausreichende Schalldämmung bietet.

 

 

 

Ob ein Hahn in einer Wohnzone gehalten werden darf, hängt von der jeweiligen Situation ab.
(Quelle: vestaligo, www.flickr.com)

 

Pferde

Die Pferdehaltung zu Hobbyzwecken ist in Wohnzonen grundsätzlich erlaubt. Bei einer sachgerechten Haltung von wenigen Tiere - die zulässige Zahl liegt bei etwa drei bis vier Pferden - sind die Lärm- und Geruchsimmissionen relativ gering. Es muss von Fall zu Fall entschieden werden, allgemeingültige Regeln gibt es nicht.

 

 

Auch bei der Pferdehaltung in der Wohnzone gibt es keine allgemeingültigen Urteile.
(Quelle: martnpro, www.flickr.com)

Hunde

Das nicht gewerbsmässige Halten weniger Haustiere wird in der Wohnzone in der Regel als zonenkonform erachtet. Das Bundesgericht stützt die Auffassung, dass die Hundehaltung von bis zu drei ausgewachsenen Tieren und allfälligen Welpen (solange diese beim Muttertier bleiben müssen) in reinen Wohnzonen mit Empfindlichkeitsstufe II als zonenkonform eingestuft werden kann («Berner Praxis»).
Allerdings haben Hundehalter ihre Hunde auf Basis der kantonalen Gesetzgebung so zu halten und zu beaufsichtigen, dass sie keine Personen belästigen. Im Kanton Zürich geht dies beispielsweise aus § 9 des Gesetzes über das Halten von Hunden vom 14. April 2008 (HundeG; LS 554.5) hervor.

 

 

Bei der Hundehaltung in der Wohnzone ist gemäss Rechtsprechung die Zonenkonformität bis zu einer Anzahl von drei Hunden in der Regel gegeben.
(Quelle: pexels.com)


Zuständigkeit

Für diese Kategorie von Alltagslärm ohne Grenzwerte ist die betreffende Gemeindeverwaltung zuständig, in grösseren Gemeinden und Städten in der Regel deren Baubehörde (Lärm von Bauten und Anlagen) oder Sicherheitsbehörde und Polizei (Lärm von menschlichen Tätigkeiten).

Liste Gemeinden Schweiz
(Wikipedia; Link zur Gemeindeverwaltung in Servicespalte [rechts] auf Detailseite Gemeinde)

Die meisten Gemeinden halten die Spielregeln zum Lärm im Rahmen einer Gemeinde- oder Polizeiverordnung fest.

Beispiel Polizeiverordnung (Auszug Lärmschutz)


Rechtsprechung

Bundes- und Verwaltungsgerichtsentscheide zu Lärm von Tieren

In der Rubrik «Lärmlinks» ist eine Sammlung mit Bundes- und Verwaltungsgerichtsentscheiden zu verschiedenen Lärmarten zu finden. Die Liste wird laufend aktualisiert.

Alltagslärm - Tiere


Gerichtspraxis

Störung der Nachbarn durch Hahnengeschrei

Privatrechtlicher und öffentlich rechtlicher Immissionsschutz Winterthur (1996) [BGE II 5C.249/1994 d]

Die wichtigste Massnahme gegen das Krähen eines Hahnes ist die Beschränkung der Zeit, in der sich das Tier im Freien aufhält. Im Winterthurer Fall hat das Bezirksgericht Winterthur dem Eigentümer die Haltung ausserhalb des Hühnerhauses von 20:00 bis 07:00 Uhr verboten. Begründet wird die Entscheidung wie folgt: "Das hobbymässige Interesse der Beklagten am Halten eines Hahnes tritt gegenüber dem Interesse der Kläger an ungestörter Nachtruhe stark in den Hintergrund." Die beklagten Tierhalter argumentieren mit dem Tierschutzgesetz und werden auch in diesem Aspekt zurückgewiesen: "Das Tierschutzgesetz regelt nur das Verhalten gegenüber dem Tier und verleiht dem Tierhalter kein Recht, mit der artgerechten Haltung Nachbarn zu belästigen." Der Fall geht durch alle Instanzen: das Bezirksgericht Winterthur erlässt das Verbot und das Obergericht des Kantons Zürich weist einen Rekurs ab. Es bezeichnet das Halten eines Hahnes in einem eher städtisch als ländlich geprägten Wohnquartier von Winterthur als ortsunüblich und stützt den Entscheid des Bezirksgerichts. Das zürcherische Kassationsgericht weist eine Nichtigkeitsbeschwerde ab und das Bundesgericht verweigert die Berufung in letzter Instanz.


Immissionen durch hobbymässige Hühnerzucht in Kernzone

Zonenkonformität Lärm- und Geruchsimmissionen (2009) [VB.2008.00227]

Die hobbymässige Tierhaltung ist aus planerischer Sicht, dank der Zulassung von mässig störenden Betrieben in der Zonenplanung, ohne Weiteres zonenkonform. Dass die Hähne jedoch jeweils um 5 Uhr morgens zu krähen beginnen – aufgeweckt durch das Angehen der Strassenlampe oder die Melkmaschine des benachbarten Bauern – stellt in einer Zone, die auch dem Wohnen dient, offenkundig mehr als eine geringfügige Störung dar. Gelegentlich krähen die Tiere sogar mitten in der Nacht, beispielsweise wenn Katzen oder Marder um die Ställe schleichen. Eine solche Lärmbelästigung führt nämlich auch bei nicht besonders empfindlichen Personen zu Aufwachreaktionen. Die Baupläne der Besitzer der Hühnerställe zeigen nicht, wie die Ställe wirksam schallgedämmt werden sollen, und gleichzeitig bei geschlossenem Tor ausreichend belüftet werden können. Die Mängel des Bauvorhabens lassen sich folglich nicht mittels Nebenbestimmung beheben. Diese Sachlage erfordert eine Aufhebung der nachträglich erteilten Baubewilligung.


Papageien auf dem Balkon, Zürich

Eine Zürcherin hielt mitten in Zürich mehrere Graupapageien, die sie bei schönem Wetter in ihrem Käfig auf den Balkon stellte. Das Kreischen dieser Papageien empfanden die Nachbarn als äusserst lästig. Das Obergericht entschied, dass das Kreischen eine übermässige Einwirkung sei, die von den Nachbarn nicht geduldet werden müsse, andererseits ein gänzliches Halteverbot für Papageien aber unverhältnismässig wäre. Es schlug den streitenden Nachbarn einen Kompromiss vor, dem sie schliesslich zustimmten: Die Papageien durften nur noch werktags von 10 bis 12 und von 14 bis 17 Uhr im Freien gehalten werden. Zudem musste die Halterin eine Schutzwand erstellen, die den schlimmsten Lärm abhalten sollte.


Vollzugshilfen

Vollzugshilfe «Ermittlung und Beurteilung von Alltagslärm»

Die Vollzugshilfe des Bundesamtes für Umwelt (BafU) unterstützt die kantonalen und kommunalen Behörden bei der Suche nach einer Lösung für Lärmkonflikte. In Form von Fallbeispielen wird auch diese Lärmquelle abgehandelt.

Betroffenen kann die Vollzugshilfe Anhaltspunkte geben, wie von Seiten der Behörden versucht wird, den oftmals verzwickten Situationen beizukommen.

BAFU: Ermittlung und Beurteilung von Alltagslärm


Weiteres

Bund
Kantone
Medien