Lärmsorgen

Gerät und Maschine

Ein lautes Herbstlüftchen weht um die Ohren.

Das Wohlbefinden der Nachbarn darf maschinell eingeschränkt werden - wenigstens zeitlich beschränkt und immerhin marktwirtschaftlich gelenkt.
 

Laubbläser, Rasenmäher, Trimmer, Häcksler, Schneefräsen und Motorsäge sorgen für Erleichterung in der Gartenarbeit, aber auch für beachtlichen Lärm.
Nach Art. 4 der Lärmschutzverordnung LSV dürfen bewegliche Geräte und Maschinen das Wohlbefinden der betroffenen Bevölkerung nicht erheblich stören.
Die Maschinenlärmverordnung (MaLV) regelt die Lärmemissionen von Gartengeräten und Baumaschinen, also auch die von Laubsaugern und -bläsern. Für einen Teil der Geräte und Maschinen sieht die Verordnung Grenzwerte vor, beim Rest nur eine Kennzeichnungspflicht.
Das Lärmen im Freien mit Maschinen und Geräten wird ausserdem zeitlich eingeschränkt durch die Bestimmungen der örtlichen Polizeiverordnungen.

Situation

Europa als Vorbild

Die Schweiz hatte sich im Rahmen der Bilateralen Abkommen verpflichtet, die Regelung der Europäischen Union (EU) ins Schweizer Recht zu übernehmen. Das hatte den Vorteil, dass die MaLV in der Schweiz nicht mehr von Grund auf erarbeitet werden musste und sehr schnell eingeführt werden konnte. Allerdings war die Schweiz damit auch verpflichtet, die inhaltlichen Vorgaben der EU eins zu eins zu übernehmen. Die Eidgenossenschaft durfte unter anderem keine technischen Handelshemmnisse aufbauen, indem sie strengere Anforderungen an den Lärmschutz stellte.

Marktkräfte statt Grenzwerte

Konkret bedeutete dies, dass nur dort Grenzwerte eingeführt werden konnten, wo auch die EU Grenzwerte gemäss ihren Überlegungen vorsieht. Bei den Rasenmähern ist dies beispielsweise der Fall, bei den Laubsaugern und -bläsern aber eben nicht. Sie gehören zu derjenigen Gruppe von Geräten und Maschinen, welche nur der Kennzeichnungspflicht und der Kontrolle durch die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt SUVA unterliegen.
Durch die quantitative Beschreibung ihres Lärms werden die Laubentfernungsaggregate nun nicht wirklich und sofort leiser. Die Kennzeichnungspflicht ermöglicht es allenfalls dem wohlgesinnten Käufer und der lärmbewussten Kundin, das Angebot auch in Bezug auf das Nachbarschaftsbelästigungspotential zu vergleichen und konsequenterweise das nervenschonendeste Gerät auszuwählen. Würden sie dies dann auch machen, so würden sie indirekt einen gewissen Druck auf die Hersteller ausüben, vermehrt lärmärmere Geräte und Maschinen zu produzieren.
Die Machbarkeit wirklich leiser Geräte allerdings ist fraglich, da einerseits Luftbewegungen naturgemäss meist mit Schall und anderseits Massnahmen gegen diesen Schall immer mit Kosten und Gewicht verbunden sind.
Nicht zu unterschätzen sind auch die menschlichen Komponenten. Kraft und Leistung kann doch nicht geräuscharmsein. Und Kraft und Leistung per Knopfdruck ist immer faszinierend.
Natürlich muss dabei unterschieden werden zwischen grossflächigen gewerblichen Unterhaltsarbeiten, die nichts kosten dürfen, und leicht übertriebenem Ordnungssinn auf den privaten wenigen Quadratmetern Garageneinfahrt.

Aktuelle Entwicklungen zum Einsatz von Laubbläsern

Der Gebrauch von Laubbläsern durch Private oder staatliche Unterhaltsarbeiter ist sehr umstritten und stösst zuweilen auf wenig Verständnis. Regelmässig wird medienwirksam über die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Laubbläser-Einsätzen diskutiert und auf das gesundheitliche Risiko hingewiesen.
Alle bisherigen Forderungen nach einem generellen Verbot wurden in der Schweiz verworfen.
Der Kanton Genf kennt zumindest eine starke zeitliche Nutzungseinschränkung auf Herbst- und Wintermonate. Die im Jahr 2013 bei der Stadt Zürich eingereichte Petition "Stopp Laubbläser" scheiterte, veranlasste den Stadtrat Zürich jedoch zur Ergreifung einiger Massnahmen. So wollte sich die Stadt Zürich für ein Verbot von Laubbläsern mit Verbrennungsmotoren auf eidgenössischer Ebene einsetzen und bei ihren Unterhaltsarbeiten soweit möglich auf den Einsatz von Laubbläsern mit Verbrennungsmotoren verzichten.

Unterhaltspflicht versus Lärmschutz

Während sich über die Sinnhaftigkeit gewisser lärmiger Tätigkeiten streiten lässt, gibt es andere Tätigkeiten, welche zur Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht des Werkeigentümers zwingend notwendig sind. Klassische Beispiele dafür sind rutschige Treppen oder vereiste Trottoirs oder Strassen, welche besonders im Herbst (Laub) und Winter (Schnee) zum Thema werden.
Dementsprechend besteht zwischen der gesetzlichen Unterhaltspflicht des Werkeigentümers (Grundeigentümer, Vermieter, Hausverwaltung) und dem Ruhebedürfnis der Anwohner ein gewisses Konfliktpotenzial. Die Unterscheidung zwischen vermeidbarem und unvermeidbarem Lärm ist somit entscheidend. Die Werkeigentümerhaftung nach Art. 58 OR ist kein Freifahrtschein für die Verletzung von allgemein geltenden Ruhezeiten. Bei der Erfüllung der Unterhaltspflicht bleibt der Werkeigentümer weiterhin verpflichtet, sich aller übermässigen Einwirkungen auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.

Exkurs: Was bedeutet Werkeigentümerhaftung?
Werkeigentümer und Werkmängel

Als Werkeigentümer werden Eigentümer eines Gebäudes, einer Anlage oder einer Strasse bezeichnet. Die Unterhaltspflicht ergibt sich für den Werkeigentümer aus Art. 58 des Obligationenrechts OR, wonach der Werkeigentümer für alle Schäden, welche durch sein mangelhaftes Werk verursacht werden, kausal haftet. Der Werkeigentümer hat dafür einzustehen, dass das Werk die für den bestimmungsgemässen Gebrauch erforderliche Sicherheit bietet. Ob ein Werkmangel vorliegt, ist im Rahmen einer Einzelfallbeurteilung zu klären. Dabei kommt der Zweckbestimmung des Werks und der Zumutbarkeit der Sicherheitsvorkehrung massgebende Bedeutung zu. An die Sicherheit von Werken, die dem Publikum (Öffentlichkeit) zur Benutzung offen stehen, sind höhere Anforderungen zu stellen, als an private Werke, die nur von wenigen Personen genutzt werden.

Unterhaltspflicht und Ruhezeiten

Entschärfend auf das Konfliktpotenzial zwischen der gesetzlichen Unterhaltspflicht des Grundeigentümers und dem Ruhebedürfnis der Anwohner wirkt hier das Kriterium der Zumutbarkeit, da die Haftung nach Art. 58 OR sich auf zumutbare Unterhaltsarbeiten beschränkt. Das bedeutet konkret, dass der Unterhalt des Werks nicht rund um die Uhr sichergestellt werden muss. Die Werkeigentümerhaftung nach Art. 58 OR ist somit kein Freifahrtschein für die Verletzung von allgemein geltenden Ruhezeiten. Vor allem für Unterhaltsarbeiten, welche durch längerfristige Prozesse (Laubfall, Vegetation, Witterung und ähnliches) entstehen, muss ein Unterhalt ausserhalb der Ruhezeiten als zumutbar erachtet werden. Anders verhält es sich bei plötzlich entstehenden Gefahrensituationen wie Temperaturstürzen oder Schneefall, welche eine schnellere Reaktion erfordern. Wenn man in der Praxis zum Beispiel davon ausgeht, dass Vermieterinnen ihren Mietern zwischen 7 Uhr und 21 Uhr eine sicher begeh- und befahrbare Erschliessung zur Verfügung stellen müssen, so verlagert dies den Winterdienst bis hinein in die Randzeiten von polizeirechtlichen Ruhezeiten.

Regeln und Ausnahmen

Aufgrund der eher geringen Häufigkeit solcher plötzlich auftretender Gefahrensituationen und der Erheblichkeit der davon ausgehenden Gefahr für die Gesundheit, müssen solche Tätigkeiten ausnahmsweise geduldet werden. Bestätigt wird dies durch die häufig in Polizeiverordnungen vorkommenden Regelungen, wonach Ausnahmen bewilligt werden können, wenn die Arbeiten aus technischen oder anderen zwingenden Gründen nicht ausserhalb der Ruhezeiten ausgeführt werden können. Eine Unterscheidung zwischen vermeidbarem und unvermeidbarem Lärm ist somit entscheidend. Bei der Erfüllung der Unterhaltspflicht, bleibt der Werkeigentümer jedoch weiterhin verpflichtet, sich aller übermässigen Einwirkungen auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.


Zuständigkeit

Für diese Kategorie von Alltagslärm ohne Grenzwerte ist die betreffende Gemeindeverwaltung zuständig, in grösseren Gemeinden und Städten in der Regel deren Baubehörde (Lärm von Bauten und Anlagen) oder Sicherheitsbehörde und Polizei (Lärm von menschlichen Tätigkeiten).
Gemeinden können Einschränkungen für lärmige Geräte oder Tätigkeiten verfügen. Es handelt sich primär um zeitliche Beschränkungen, welche im Zusammenhang mit der polizeirechtlichen Ruhezeit stehen.

Liste Gemeinden Schweiz
(Wikipedia; Link zur Gemeindeverwaltung in Servicespalte [rechts] auf Detailseite Gemeinde)

Kommunale Polizeiverordnungen

Die Polizeiverordnungen der Gemeinden in der Schweiz weisen wesentliche Gemeinsamkeiten auf.

Häufig findet sich ein eigenständiger Abschnitt für Lärmschutz, oder die lärmschutzrechtlichen Bestimmungen finden sich unter den Abschnitten Umweltschutz, Immissionsschutz und ähnlichen der Polizeiverordnung. Alle Polizeiverordnungen verbieten im Grundsatz jegliche vermeidbare, gesundheitsschädigende oder erheblich störende Immissionen auf Gemeindegebiet.

Daneben existieren verschiedene Ruhezeiten, in welchen lärmige Arbeiten zu unterlassen sind:

  • die Nachtruhe in der Regel von 22.00 bis 07.00 Uhr,
  • die Mittagsruhe in der Regel von 12.00 bis 13.00 Uhr,
  • die Abendruhe an Werktagen in der Regel von 19.00 oder 20.00 Uhr bis zur Nachtruhe und
  • die Abendruhe an Samstagen in der Regel von 17.00 oder 18.00 Uhr bis zur Nachtruhe.
  • Als Ruhezeiten gelten auch Sonn- und allgemeinen Feiertage.

Die meisten Polizeiverordnungen verwenden die Begriffe „lärmige Arbeiten“ oder „Haus- und Gartenarbeiten“. Vereinzelt findet sich das explizite Beispiel „Laubblasen“, z.B. in der Polizeiverordnung von Affoltern am Albis ZH oder Adliswil ZH. Aus juristischer Sicht lassen sich Tätigkeiten mit einem Laubbläser ohne Probleme unter die Begriffe der „lärmigen Arbeit“ resp. „Haus- und Gartenarbeiten“ subsumieren, weshalb eine explizite Nennung der lärmverursachenden Tätigkeit nicht erforderlich ist. Aus gesetzgeberischer Sicht ist eine gewisse Abstraktheit der Norm wünschenswert, weil dadurch zukünftig auch technisch neuartige Maschinen von der Regelung erfasst werden können.

Beispiel/Auszug Polizeiverordnung (Lärmschutz)


Rechtsprechung

Bundes- und Verwaltungsgerichtsentscheide zu Lärm von Geräten und Maschinen

In der Rubrik «Recht & Gesetz» ist eine Sammlung mit Bundes- und Verwaltungsgerichtsentscheiden zu verschiedenen Lärmarten zu finden. Die Liste wird laufend aktualisiert.

Alltagslärm - Motorgerät


Vollzugsordner des Cercle Bruit Schweiz

Die Vereinigung der kantonalen Lärmschutzfachleute (Cercle Bruit) stellt Vollzugshilfen und weitere Unterlagen zu lärmspezifischen Themen zur Verfügung. Die Dokumente stammen von Bund, Kantonen, Fachstellen und Verbänden.

Vollzugsordner: 8.80 Geräte und Maschinen


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