Lärm & Ruhe

Laut ist out

Neben dem üblichen Strassenlärm verursachen abrupt auftretende Lärmspitzen lauter Fahrzeuge zusätzlich eine grosse Störwirkung. Hauptsächlich Motorräder und nachträglich abgeänderte Personenwagen sind Grund für übermässige Lärmspitzen und eine Vielzahl von Beschwerden. Lärmseitig bestehen gesetzliche Grundlagen, um gegen vermeidbare Belästigungen durch eine nicht angepasste Fahrweise oder gegen übermässig laute Fahrzeuge vorzugehen.

Töff-Rowdies

Motorrad-Auspuff

Quelle: iyinoluwa John Onaeko auf unsplash.com

Anwohnerinnen und Anwohner sowie Erholungssuchende entlang beliebter Motorradstrecken kennen das Problem: Bei schönem Töff-Wetter leiden sie unter einer lärmigen Geräuschkulisse. Gerade in engen Bergtälern werden so durch ein paar wenige rücksichtslose Motorradfahrinnen und -fahrer viele Ruhesuchende sowie die lokale Bevölkerung beschallt.

Wie laut ein Fahrzeug ist, kommt sehr auf den Menschen an, der im Sattel bzw. hinter dem Lenker sitzt. «Beschleunigungsorgien» in kleinen Gängen sowie ein hochtouriger und immer an der Geschwindigkeitslimite orientierter Fahrstil – das ist in der Regel sehr laut. Insbesondere in der Nacht, wenn das Ruhebedürfnis der Menschen am grössten ist, weckt eine Einzelperson mit ihrem Vergnügen nach einem lauten Auftritt zahlreiche Anwohnende. Neben dem Fahrstil sind Vorrichtungen am Fahrzeug, die hauptsächlich darauf abzielen das Fahrzeug lauter zu machen (beispielsweise Klappenauspuffe), ein grosses Problem.

Auto-Poser

In städtischen Zentren ist das sogenannte «Auto-Posen» beliebt. Dabei drehen Fahrer von Luxus-Sportwagen und anderen PS-starken Boliden immer die gleichen Runden. Oft lassen die Fahrer den Motor aufheulen und rasen ein kurzes Stück – nicht selten angestachelt von jungen Car-Spottern, die sich freuen, wenn sie ein solches Fahrzeug vor die Linse bekommen.

Auto-Poser

Quelle: Erik Mclean auf unsplash.com

Schlafstörungen durch Lärm

Schlafen ist kein Luxus. Durch übermässigen Lärm wird der Schlaf sowohl quantitativ als auch qualitativ beeinträchtigt. In verschiedenen Forschungsarbeiten1 wird nächtliche Lärmbelastung eindeutig mit gesundheitlichen Schäden in Verbindung gebracht. Während im Verlauf des Tages Verkehrslärm durch die erhöhte Hintergrundlärmbelastung eher erträglich erscheint, wird die Störung der Nachtruhe gemeinhin als wichtigstes Lärmproblem überhaupt angesehen.

Wenn Lärmbetroffene gefragt werden, zu welchen Zeiten es besonders ruhig in ihrem Wohngebiet sein sollte, geben sie in der Regel zuerst die Nacht an, gefolgt vom Abend. In der Schweiz liegt der Immissionsgrenzwert für Verkehrslärm in der Nacht zwischen 45 und 55 Dezibel. Am Tag sind die Grenzwerte 10 Dezibel höher. Dies entspricht etwa einer wahrgenommenen Verdoppelung der Lautstärke.

Schlafstörungen

Quelle: Katarzyna Bialasiewicz auf istockphoto.com

Kontinuierliche Geräusche, z.B. das Rauschen einer fernen Autobahn, können den Schlaf beeinträchtigen, jedoch sind es v.a. ausgeprägte Einzelereignisse, wie die Vorbeifahrt eines lauten Autos oder Motorrads, die zu Aufwachreaktionen während des Schlafs oder zu einer Veränderungen der Schlaftiefe führen. Jede Verminderung der Lautstärke kann zu einer Verminderung unerwünschter Störungen des Schlafes beitragen.

 


Gesetzliche Grundlagen

Wie laut ein Töff oder Auto sein darf, ist eigentlich gesetzlich geregelt. Seit 2016 gelten für Motorräder neue EU-Vorschriften zu Abgas- und Geräuschemissionen, die der Bundesrat zeitgleich auch in der Schweiz in Kraft gesetzt hat. Für neue Motorräder wurde der Grenzwert von 80 auf 78 Dezibel gesenkt. Auch das Prüfverfahren wurde geändert: Statt die Teststrecke mit Vollgas zu befahren, wird zu Messzwecken für jedes Fahrzeug individuell eine Sollbeschleunigung errechnet. Diese ist unter anderem vom Gewicht und von der Leistung des jeweiligen Motorrades abhängig. Das Problem dabei ist aber, dass dieser Prüfzyklus nicht geeignet ist, die maximale Lärmentwicklung eines Motorrads beim Einsatz auf der Strasse abzubilden. Und deshalb sind die meisten Töffs – werden sie im «Rowdy-Modus» gefahren – erheblich lauter als der erlaubte Grenzwert. Seit 2016 sind auch für Autos Auspuffklappensysteme verboten, die einzig und allein der Erhöhung der Schallemission dienen. Diese neuen Regelungen gelten jedoch – analog zu den neuen Emissionsgrenzwerten – nur für neue Fahrzeugtypen (Autos und Motorräder), nicht aber für solche, die vor Inkrafttreten der neuen Vorschriften zugelassen worden sind. Auspuffklappen sind also für alle fabrikneuen Töffs und Autos weiterhin legal, die vor 2017 eine Typengenehmigung erhielten oder zugelassen wurden. Die folgende Auflistung fasst die wichtigsten Gesetzesartikel zusammen:


  • Das Strassenverkehrsgesetz (SVG) (Art. 42) verlangt, dass „der Fahrzeugführer jede vermeidbare Belästigung von Strassenbenützern und Anwohnern, namentlich durch Lärm, Staub, Rauch und Geruch, zu unterlassen und das Erschrecken von Tieren möglichst zu vermeiden hat".
  • Artikel 33 der Verkehrsregelnverordnung (VRV) definiert, dass Fahrzeugführer, Mitfahrende und Hilfspersonen, namentlich in Wohn- und Erholungsgebieten und nachts, keinen vermeidbaren Lärm erzeugen dürfen. Dazu gehören unter anderem hohe Drehzahlen des Motors im Leerlauf, zu schnelles Beschleunigen, das Fahren in niederen Gängen oder fortgesetztes unnötiges Herumfahren in Ortschaften.
  • Die Verordnung über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS) reglementiert den Ausrüstungslärm. Die Vorschriften erfordern insbesondere den Gebrauch von Schalldämpfern, um den Auspufflärm zu begrenzen (Art. 53). Die Manipulation der Auspuffklappe ist auch geregelt: «Unnötige lärmsteigernde Eingriffe am Fahrzeug und an dessen genehmigten Bauteilen sind untersagt, selbst wenn die zulässige Geräuschgrenze eingehalten bleibt».

Fazit: Rücksichtnahme nützt allen – vor allem nachts

Bei Lärmemissionen von Motorfahrzeugen spielt das eigene Fahrverhalten eine entscheidende Rolle. Hohe Drehzahlen beim Fahren in niedrigen Gängen, zu schnelles Beschleunigen, unnötiges Herumfahren in Ortschaften oder gar lärmsteigerndes Tuning am Fahrzeug verursachen vermeidbaren Lärm, was von Gesetzes wegen verboten ist (Art. 33 VRV, Art. 53 VTS). Durch eine umweltschonende und rücksichtsvolle Fahrweise mit tiefen Drehzahlen kann viel unnötiger Motorenlärm verhindert werden. Gerade an lärmsensiblen Orten und zu lärmsensiblen Zeiten ist Rücksicht angesagt.


1 Basner, M., and McGuire, S. (2018). WHO Environmental Noise Guidelines for the European Region: A Systematic Review on Environmental Noise and Effects on Sleep. International Journal of Environmental Research and Public Health, 15(3), 519.