Lärm & Ruhe

Lärm kostet

Lärm kostet nicht nur Nerven, Lärm kostet auch Geld. Diese finanziellen Kosten trägt nur in den wenigsten Fällen der Verursacher selbst. Das Thema Verkehrslärm ist gerade deswegen so brisant, weil ein grosser Teil der Kosten auf unbeteiligte Dritte überwälzt wird. Diese Lärmkosten bilden zusammen mit anderen Kosten, wie jenen der Luftverschmutzung und jenen des Klimawandels, die sogenannten externen Kosten des Verkehrs. Der Einbezug dieser Kosten ist entscheidend, um die Gesamtkosten des Verkehrs adäquat beurteilen zu können.

Das untenstehende Schema zeigt auf, wie sich die externen Lärmkosten in die Gesamtkosten des Verkehrs eingliedern. Schätzungen zufolge, beliefen sich die externen Lärmkosten in der Schweiz im Jahr 2013 auf fast 1.9 Milliarden Franken. Diese Kosten sind in den Preisen, welche für Mobilität bezahlt werden, nicht enthalten. Der Preis eines ÖV-Billets, oder die effektiv bezahlten Kosten pro Fahrzeugkilometer eines Personenwagens, wiederspiegeln somit nicht die gesamten Kosten der jeweiligen Mobilitätsleistungen.

Wie dargestellt, können Internalisierungsmassnahmen genutzt werden, um einen Teil der externen Kosten dem Verursacher zu verrechnen. Die bezahlten Internalisierungsbeiträge erhöhen somit die Kostenwahrheit.

 

Gesamtkosten des Verkehrs
(Kosten für Infrastruktur, Verkehrsmittel, Unfälle, Umwelt und Gesundheit)

Direkt von Verursachenden getragene Kosten
(private Kosten vor Internalisierung)

Direkt von Dritten getragenen Kosten
(externe Kosten vor Internalisierung)

Internalisierungs-
beiträge

Private Kosten
(nach Internalisierung)

Externe Kosten
(nach Internalisierung)

Lärmkosten

Quelle: Schema basiert auf "Statistik der Kosten und der
Finanzierung des Verkehrs (KFV)" des BFS

Höhere Mobilitätspreise dank Internalisierungsmassnahmen können zu einer Reduktion des Verkehrsaufkommens und somit zu weniger Lärm führen. Da die Internalisierungsbeiträge nicht immer den Lärmgeschädigten zugute kommen, werden solche Massnahmen, zur Steigerung der Verursachergerechtigkeit nicht zwingend von allen Betroffenen als gerecht empfunden. Die lärmabhängigen Lande- und Passagiergebühren für Flughäfen sind ein Beispiel für einen Internalisierungsmassnahme im Lärmbereich, welche in der Schweiz existiert.

Anhand eines Passagierflugs (z.B. von Zürich nach Paris) können die dadurch verursachten Gesamtkosten exemplarisch den einzelnen Kostenkategoire zugeordnet werden. Die Gesamtkosten des Flugs setzen sich folgendermassen zusammen:

  • Private Kosten: Werden mit dem Kauf eines Flugbilletts direkt monetär abgegolten.
    • Direkt vom Verursachenden getragene Kosten (ohne Internalisierungsbeitrag), u. a.
      • Treibstoffkosten
      • Beitrag zur Flugzeuganschaffung und zum Unterhalt
      • Personalkosten
      • Flughafeninfrastrukturkosten
    • Internalisierungsbeitrag
      • Lärmabhängigen Lande- und Passagiergebühren
  • Externe Kosten (nach Internalisierung): Da die direkt von Dritten getragenen Kosten meist keine unmittelbaren monetären Zahlungen mit sich bringen, müssen sie geschätzt werden. Um die externen Kosten nach Internalisierung zu erhalten, werden die monetär erhobenen Internalisierungsbeiträge von der Schätzung abgezogen. Die externen Kosten einee Passsagierflugs sind u. a.
      • Durch Fluglärm verursachte Mietzinsausfälle und gesundheitliche Schäden
      • Kosten durch Boden- und Luftverschmutzung
      • Langzeitkosten des Klimawandels
      • Ect.

Wie im Beispiel dargelegt, sind Internalisierungsbeträge, wie jene im Flugverkehr, in den externen Schweizer Verkehrslärmkosten von 1,9 Milliarden bereits nicht mehr enthalten. Die nächsten zwei Grafiken zeigen auf, wie sich die Kosten auf den Personen- und Güterverkehr und die zugrundeliegenden Verkehrsträger verteilen. Es zeigt sich deutlich, dass der Strassenverkehr absolut gesehen am meisten Lärmkosten verursacht.

Externe Lärmkosten des
Personenverkehrs in Mio. CHF

Datengrundlage: 2013

Externe Lärmkosten des
Güterverkehrs in Mio. CHF

Datengrundlage: 2013

Die hier präsentierten Zahlen zu den externen Lärmkosten fallen in Form von Gesundheitskosten und durch Lärmbelästigung an. Das Vorgehen, um die Lärmkosten der beiden Kategorien zu schätzen, lässt sich vereinfacht wie folgt beschreiben:

  • Gesundheitskosten: Schätzung des monetären Schadens, welcher durch lärmbedingten Krankheitsbilder verursachen wird. Folgende Kostenfaktoren werden in der Schätzung berücksichtigt: Medizinische Behandlungskosten, Nettoproduktionsausfall, Wiederbesetzungskosten, immaterielle Kosten infolge Verkürzung der Lebenserwartung und Krankheitsfälle.
  • Belästigung: Schätzung der Mietzinsausfälle an lärmbelasteten Lagen in Relation zu Vergleichsobjekten an ruhigen Lagen. Das massgebende Lärmmass unterscheidet zwischen Tag- und Nachtlärm ( Nachtlärm > 40 dB(A) / Tageslärm > 50 dB(A) ). Nur Wohnimmobilien, bei welchen mindestens einer der beiden Grenzwerte überschritten ist, gelten als lärmbelastet. Lärmbelastungen unterhalb der Grenzwerte verursachen bei diesem Schätzverfahren keine externen Kosten.

Die nachfolgenden zwei Grafiken beziehen sich auf die Daten aus dem Jahr 2010 und zeigen die absoluten Lärmkosten, welche in den soeben beschriebenen Schadenskategorien anfallen. Je nach Verkehrsträger sind die Kosten in Abhängigkeit von unterschiedlichen Kriterien dargestellt. Beim Flugverkehr ist zusätzlich ersichtlich, dass die Lärmkosten hauptsächlich durch die zwei Landesflughäfen Zürich und Genf verursacht werden.

 

Externe Lärmkosten im Strassenverkehr nach Fahrzeugkategorien in Mio. CHF
Datengrundlage: 2010

Privater
Personenverkehr
PW: Personenwagen
GW: Gesellschaftswagen
MR: Motorrad
Öffentlicher
Personenverkehr
Güterverkehr
Li: Lieferwagen
LW: Lastwagen
SS: Sattelschlepper

Externe Lärmkosten im Schienen- und Luftverkehr in Mio. CHF
Datengrundlage: 2010

Schienenverkehr
Luftverkehr
Personen- und Güterverkehr

Bei der Betrachtung der absoluten externen Lärmkosten fällt der private Personenverkehr und dabei hauptsächlich die Personenwagen negativ auf. Dabei wird ausser Acht gelassen, dass die Personenwagen in der Schweiz auch eine sehr grosse Verkehrsleistung erbringen. Um die externen Lärmkosten verschiedener Verkehrsmittel unabhängig von ihrer absoluten Leistung zu vergleichen (z.B. dem Total der schweizweit zurückgelegten Kilometern), können die externen Kosten pro Leistungseinheit herangezogen werden. Der Personenkilometer ist die relevante Leistungseinheit im Personenverkehr. Das Äquivalent im Güterverkehr nennt sich Tonnenkilometer. Die zwei Masseinheiten wiederspiegeln die externen Kosten pro Kilometer des durchschnittlichen Auslastungsgrades eines Verkehrsmittels. Unter der Annahme das die Verkehrsmittel stets voll ausgelastet sind, ergeben sich andere Zahlen. Die externen Kosten pro Leistungseinheit bei durchschnittlicher Auslastung sind in den nächsten zwei Tabellen enthalten.

 

Externe Lärmkosten pro Personenkilometer
Datengrundlage: 2010


Externe Lärmkosten pro Tonnenkilometer
Datengrundlage: 2010

 

Die unterschiedlichen durchschnittlichen Passagierzahlen sind auch massgebend dafür, dass der Bus im Vergleich zum Tram und Trolley wesentlich höhere externe Lärmkosten pro Personenkilometer aufweist. Tram und Trolley fahren ausschliesslich in städtischen Gebieten und sind daher gut ausgelastet. Im Gegensatz dazu fahren Busse auch oft in entlegenen Regionen mit sehr tiefer Auslastung. Da der Flugverkehr über einen relativ hohen Auslastungsgrad verfügt und während wesentlichen Teilen der Flugstrecke keine externen Lärmkosten verursacht, sind die externen Lärmkosten pro Personenkilometer erstaunlich tief. Die Lärmkosten fallen hauptsächlich beim Starten und Landen an und müssen daher von einem eher kleinen Teil der Bevölkerung getragen werden. Auf der Seite der Geschädigten können die Kosten pro Person problematisch hoch sein. Die Lärmkosten pro Personenkilometer sagen wenig über die wahrnehmbare Lärmproblematik der einzelnen Verkehrsträger aus. Die Verteilung der Lärmkosten auf die Bevölkerung hat einen wesentlich höheren Einfluss auf die wahrnehmbare Lärmproblematik.

Die aufgelisteten Lärmkosten pro Leistungseinheit tragen wesentlich zu einer höheren Kostenwahrheit bei. Dabei muss berücksichtigt werden, dass solche Zahlen für persönliche Mobilitätsentscheidungen nur sehr beschränkt von Nutzen sind. Individuelle Mobilitätsentscheide haben meist nur langfristig einen Einfluss auf die zur Verfügung stehenden Verkehrsleistungen – wie z.B. jene des ÖVs. Bis zur Kapazitätsgrenze verursacht die vermehrte Nutzung des ÖV somit fast keine zusätzlichen externen Kosten. Die hier präsentierten Zahlen sind hauptsächlich für die Planung der langfristigen Verkehrspolitik gedacht. Die Erhebung dieser Zahlen wurde auch aus diesem Grund von den relevanten Bundesämtern in Auftrag gegeben.

Alle Daten zu den externen Kosten, welche auf dieser Seite genannt werden, stammen aus der Studie „Externe Effekte des Verkehrs 2010“. Sie wurde durch das Bundesamt für Raumplanung in Auftrag gegeben und ist auch in einer Kurzfassung verfügbar. Informationen zu den Gesamtkosten des Verkehrs können der Studie „Externe Kosten und Nutzen des Verkehrs in der Schweiz“ des Bundesamt für Statistik entnommen werden.

Um die Aussagekraft der Zahlen richtig einschätzen zu können, müssen unter anderem folgende Punkte beachtet werden:

  • Um die Verkehrskosten adäquat zu evaluieren, müssen neben den privaten Kosten auch alle externen Kosten berücksichtigt werden. Dieser Beitrag bezieht sich nur auf die externen Kosten des Lärms. Private Kosten sowie andere externe Kosten wurden nicht berücksichtigt.
  • Bezüglich Verkehrslärm fallen zusätzlich zu den externen auch Kosten für Lärmschutzmassnahmen an (z.B. für Lärmschutzwände). Dies sind meist Infrastrukturkosten, welche den privaten Kosten angerechnet werden.
  • Lärmbelästigungen an anderen Standorten als in Wohnungen sind in den hier genannten Zahlen nicht berücksichtigt. Die Kosten der Belästigungen in Erholungsgebieten, am Arbeitsplatz, oder in Schulen sind äusserst schwierig abzuschätzen. Aus diesen und weiteren Gründen unterschätzen die hier erwähnten Zahlen die externen Kosten des Lärms.
  • Aufgrund von Unsicherheiten bewegt sich die Summe der beiden geschätzen Faktoren (Gesundheitskosten und Kosten durch Belästigung) in einer Schwankungsbreite  von -37% bis +44% der genannten 1,8 Milliarden Franken.
  • Obwohl der Verkehr mit Abstand die dominanteste Lärmquelle ist, verursachen auch noch viele weitere Quellen externe Lärmkosten.

Für weitere Informationen zur Interpretation der Schätzergebnisse und deren Aussagekraft sollten die zwei oben genannten Studien herangezogen werden.