Lärm & Ruhe

"Tempo 30" als Lärmschutzmassnahme

Je höher die Geschwindigkeit desto lauter ist ein Fahrzeug. Eine Geschwindigkeitsreduktion von Tempo 50 auf Tempo 30 führt im Mittel zu einer Lärmabnahme von ungefähr 3 dB(A). Dies entspricht einer Verkehrsabnahme von 50%. Zusätzlich treten aufgrund der Verstetigung des Verkehrs weniger und tiefere Maximalpegel auf und die Flankensteilheit (Geschwindigkeit des Pegelanstiegs) sinkt. Die Lästigkeit des Verkehrslärms und Aufwachreaktionen nachts werden vermindert. Temporeduktionen sind wirksam sowie rasch und kostengünstig umsetzbar und damit ein wichtiges Instrument zur Lärmreduktion an der Quelle.

 

Lärmreduktionspotential

Im Idealfall könnte bei einer Temporeduktion von 50km/h auf 30 km/h Pegelreduktionen von bis zu 4.5 Dezibel (dB) im Mittelungspegel erzielt werden. Die in der Praxis erreichbare Lärmreduktion ist abhängig von der tatsächlich erreichten änderung im Verkehrsablauf (Geschwindigkeitsabnahme, Verstetigung des Fahrverlaufs, Dauer und Anzahl der Halte), dem Lastwagenanteil (N2) und dem Strassenbelag. Je grösser die Differenz der effektiv gefahrenen Geschwindigkeit vor und nach der Signalisationsänderung ausfällt, desto bedeutsamer ist auch die Lärmreduktion. Aus zahlreichen Erfahrungswerten in der Praxis geht man im Mittel von einer effektiven Temporeduktion von 10 km/h aus. Damit wird eine Pegeländerung von 3 dB(A) im Mittelungspegel erreicht. Dies entspricht in etwa einer Halbierung der Verkehrsmenge und ist für die Anwohner deutlich wahrnehmbar. Zudem nimmt durch die Verkehrsverstetigung und Reduktion von Halten die Störung durch Pegelspitzen um ungefähr 5 dB(A) ab und rasche Pegelanstiege (Flankensteilheit) werden vermindert. Damit sinkt die Lästigkeit und Schlafstörungen durch den Verkehr werden reduziert.


Pegel-Zeitverlauf von zwei PW-Vorbeifahrten mit 50 resp. 29 km/h. Die gestrichelte Linie markiert 10 dB(A) unter dem Maximalpegel
Mit zunehmendem Lastwagenanteil sinkt das Lärmreduktionspotential von Tempo 30 statt 50. Ab einem N2-Anteil von 15% kann nur noch mit einer geringen Lärmreduktion gerechnet werden. Beim Lärmreduktionspotential von Tempo 30 in Abhängigkeit des Strassenbelags gilt grundsätzlich, dass je lauter der Belag, desto höher das Reduktionspotential durch die Geschwindigkeitsreduktion. Bei einem lärmarmen Belag beträgt (in Abhängigkeit des Belagskennwerts) die lärmmindernde Wirkung der Geschwindigkeitsreduktion bis zu -2 dB(A) im Mittelungspegel. Zusammen mit den positiven Effekten der Temporeduktion auf Maximalpegel und Flankensteilheit ist aber auch dies eine deutliche Verbesserung der Lärmsituation für die Anwohner.
Für die Lärmreduktion bei Elektroautos ist Tempo 30 besonders wirksam, da das in diesem Geschwindigkeitsbereich dominierende Motorengeräusch wegfällt. Bei Tempo 50 dominiert sowohl bei Elektroautos als auch bei Benzin-/Dieselautos das Abrollgeräusch der Reifen.

Weitere Auswirkungen von Tempo 30

Die Reduktion der Geschwindigkeit bewirkt nicht nur eine echte akustische Verbesserung für die Anwohner. Auch die Nutzer des Strassenraums können von den Auswirkungen profitieren. So führt die Geschwindigkeitsreduktion unter anderem zu:

  • Einer Verstetigung des Verkehrsflusses und damit zu einem angenehmeren Fahrerlebnis
  • Einer Verringerung der Zahl und Schwere der Unfälle
  • Höheren Attraktivität des Strassenraums für den Langsamverkehr (Velo-und Fussverkehr)
  • Besseren Einbiegemöglichkeiten von Nebenstrassen auf Hauptstrassen
  • Verminderung von Luftschadstoffen aufgrund der Verstetigung

  • Oft werden gerade bei geplanten Geschwindigkeitsreduktionen im übergeordneten Strassennetz innerorts Bedenken bezüglich Leistungsfähigkeit, längerer Fahrzeit und Ausweichverkehr in Quartierstrasse angebracht. Ergebnisse aus der Forschung und Praxis zeigen aber, dass
    1. Die Leistungsfähigkeit einer Strasse wird massgeblich durch die Verkehrsstärke, sowie innerorts durch die Knoten und deren Steuerung beeinflusst wird. Eine Temporeduktion führt zu einer realen Verlangsamung von 2s/100 m, resp. kann sogar bei einer guten Verkehrsverstetigung zu einer höheren Leistungsfähigkeit des Strassenabschnittes führen.

    2. Ausweichverkehr in Quartierstrassen aufgrund einer Signalisationsänderung bisher nicht festgestellt wurde. Ausweichverkehr ins Quartier tritt auf, wenn der Verkehrsfluss auf dem übergeordneten Strassennetz gestört ist (Stau) und ist nicht abhängig von der signalisierten Geschwindigkeit.
    Die Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr (Bus, Tram) müssen im Einzelfall beurteilt werden. öV- Priorisierung und das Management des MIV können helfen, allfällige Auswirkungen einer Geschwindigkeitsreduktion zu kompensieren.

    Rechtliche Grundlagen

    Auf Strassenabschnitten mit überschreitungen der Grenzwerte gilt es, die Lärmbelastung soweit zu senken, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist und die geltenden Immissionsgrenzwerte eingehalten sind (Art. 13 Lärmschutzverordnung). Lärmbekämpfungsmassnahme habe in erster Priorität an der Quelle zu erfolgen. Grundsätzlich sind die rechtlichen Grundlagen für eine Geschwindigkeitsreduktion aus übermässigen Lärmbelastungen unabhängig von der Art der Strasse gegeben (Art. 108 Signalisationsverordnung (SSV)), sie muss jedoch vorgängig mit einem Gutachten untersucht werden (Art. 32 Strassenverkehrsgesetz(SVG)). Im Gutachten ist aufzuzeigen, dass die Massnahme nötig, zweck- und verhältnismässig ist und keine anderen Massnahmen vorzuziehen sind (Art. 32 Abs. 3 Strassenverkehrsgesetz i.V.m. Art. 108 Abs. 4 Satz 1 SSV). Tempo-30-Zonen können bei Bedarf auch auf bestimmte Tageszeiten begrenzt werden, z.B. auf die Zeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr mit dem Ziel die Nachtruhe zu gewährleisten.


    Weitere Informationen